Hilft Einrenken bei Nackenschmerzen?

Wenn etwas ausgerenkt ist, renken Ärzte oder Therapeuten gern wieder ein. Wenn du bei Nackenschmerzen an das Einrenken denkst, solltest du dir dies sehr gut überlegen. Nicht selten hört man von Warnungen wie Schlaganfall oder Querschnittlähmung als mögliche Folgen. Ich erkläre dir in diesem Artikel, wann vom Einrenken abgeraten wird und welche Alternativen es gibt.

Wenn etwas verrenkt oder ausgerenkt ist, so scheint es reflexartig richtig, es wieder einzurenken. Wenn im Zusammenhang mit Nackenschmerzen von Einrenken die Rede ist, sollte man sich von dieser Vorstellung jedoch ganz schnell verabschieden. Was steckt hinter den Erfolgsmeldungen, wenn es ums Einrenken bei Nackenschmerzen oder Nackenblockaden geht? Ist dann alles wieder gut? Sind die Warnungen vor Schlaganfällen und Querschnittslähmungen, als mögliche Folgen, gerechtfertigt?

Was wird beim Nacken eingerenkt?

Um es gleich vorwegzunehmen, es wird nicht wirklich etwas eingerenkt. Das würde ja bedeuten, dass ein Halwirbel aus seiner Lage herausgesprungen ist. Die Mediziner sprechen dann von einer fixierten Dislokation im HWS Bereich. Das ist ein Notfall und selbst in dieser Situation ist es ein riskantes Manöver, mit einem Ruck den Halswirbel wieder einzurenken. In solchen Fällen ist meistens eine neurochirurgische Operation notwendig.
Wenn also jemand zum „Einrenken“ oder „knacksen“ geht, dann weil er unter Blockadegefühle, Steifheit und Schmerzen im Nacken leidet. In den allermeisten Fällen kommt diese Situation nicht plötzlich, sondern ist das Ergebnis jahrelanger Fehlhaltungen und Bewegungsarmut.


Wann wird eingerenkt?

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Die Muskeln verspannen oder verhärten, um die Halswirbelsäule zu schützen. Das kann zum Beispiel notwendig werden, wenn die Gelenkkapseln und Bänderstrukturen nicht mehr den erforderlichen Halt bieten. Die Bänder und Gelenke sind durch langjährige Fehlhaltungen überdehnt oder gar verletzt, sodass es immer öfter zu Muskelverhärtungen in diesem Bereich kommt. Das ist eine Art Schutzspannung, damit es nicht zu Fehlbewegungen kommt, die Nervenfasern und Blutgefäße verletzen könnten. Die verhärteten Muskelregionen schränken die Bewegung ein, drücken auf umliegende sensorische Nerven und verursachen Schmerzen.

Mit dieser Vorstellung scheint es völlig unlogisch, etwas wieder einrenken zu lassen. Dennoch wird bei Nackenschmerzen häufig eingerenkt. Der Grund mag darin liegen, dass es tatsächlich nach dem Einrenken zu einer Entlastung kommt, weil die Muskeln kurzfristig entspannen und der Druck auf die umliegenden, sensorischen Nerven nachlässt. Meistens bleibt es nicht bei einer Behandlung.

Anders sieht es aus, wenn eine echte Wirbelblockade vorliegt. Dabei verhaken sich, durch eine falsche Bewegung, die Facettengelenke. Es entsteht ein spontaner Schmerz und die Muskeln verhärten sich sofort. Dadurch bleiben die Gelenke in der Fehlstellung fixiert. Auch in solch einer Situation, kann sich die Verhärtung spontan wieder entspannen und die Gelenke gelangen in ihre ursprünglichen Positionen. Wenn dies nicht der Fall ist, so kann die Chirotherapie durch Mobilisation und gegebenenfalls Manipulation weiterhelfen. Allerdings erst nach einer gründlichen Diagnose inklusive Bilddiagnostik.


Wer „renkt den Nacken“ wieder ein?

Wenn es ums „Einrenken“ geht, befindet man sich im Fachbereich der manuellen Therapie. Darunter fallen die Chirotherapie (griechischen „cheir“ = Hand), die Osteopathie und die Chiropraktik. Die Chiropraktik und die Osteopathie zählen zum Bereich der Alternativmedizin. Sie dürfen mit einer entsprechenden Ausbildung von Heilpraktikern praktiziert werden. Die Chirotherapie ist ein Fachbereich der Medizin und darf nur von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden.

Nackenblockaden sind Behandlungsgegenstand in allen drei Bereichen.

Es besteht die Möglichkeit der Mobilisation und der Manipulation. Diese Begriffe werden in den unterschiedlichen Fachbereichen unterschiedlich definiert. Als übergeordnete Definition kann man davon ausgehen, dass bei einer Manipulation, mal sanft oder eben auch ruckartig manuell auf die Gelenke eingewirkt wird. Eine Mobilisation kann auch in der Physiotherapie durchgeführt werden und bedeutet ein sanftes Einwirken auf die blockierten, verhärteten Muskelbereiche. Das können Wärmeanwendungen, Übungen oder Massagen sein.


Nacken einrenken, wie und warum? Wird zu oft eingerenkt?

Was passiert eigentlich beim klassischen Einrenken der Halswirbelsäule? Meistens wird in mehreren Sitzungen der Kopf des Patienten zur Seite gedreht, bis es nicht mehr geht. Dann wird leicht, kurz und rückartig mit einem gekonnten Handgriff überdehnt. In vielen Fällen verspüren die Betroffenen durch diesen Eingriff eine zeitnahe Linderung ihrer Nackenschmerzen. Doch sollte man sich bewusst sein, dass die Bänder- und Gelenkstrukturen dadurch beansprucht werden. Vor allem, wenn es nicht bei einem einmaligen Einrenken bleibt. Wenn Bänder und Gelenke jedoch durch Fehlhaltungen und Bewegungsarmut stark beansprucht oder bereits geschädigt sind, kann dieser Eingriff auf Dauer Schaden anrichten.

Meine Erfahrung mit „Einrenkungen“

Ich habe ja während meiner Leidenszeit einige Ärzte und Physiotherapeuten erleben dürfen. Und nicht selten wurde eingerenkt. Und tatsächlich immer ohne sich wirklich ein umfassendes Bild zu machen. Geschweige denn unter Zuhilfenahme von bildgebenden Maßnahmen wir Röntgen oder CT. Ich hatte immer das Gefühl, dass mit dem Einrenken versucht wird schnell abzufertigen. Kurzfristig verspürt man tatsächlich eine Erleichterung (oder man bildet sie sich vielleicht auch nur ein), kurz darauf ist der Effekt aber wieder verflogen.

Ein Physiotherapeut hatte mir sogar direkt davor gesagt, dass das langfristig wahrscheinlich gar nichts bringt, weil ich beim nächsten Einsteigen ins Auto vermutlich sowieso wieder alles verschiebe, verspanne, etc. Diese Art der Behandlung war am Ende der Ausschlaggeber, dass ich versucht habe mir selbst zu helfen. Ohne ruppige Methoden. Ich kann daher von schnellem Einrenken nur abraten. Mag sein, dass nach gründlicher Anamnese auch ein Einrenken mal Sinn machen kann. Dann wenn wirklich etwas verkeilt ist oder verschoben. Aber wenn Verspannungen die Ursachen für Nackenschmerzen sind, macht Einrenken keinerlei Sinn. Das muss erst ausgeschlossen werden, bevor Hand angelegt wird an den sensiblen HWS-Bereich.

Die Antwort auf die letzte Frage muss folgerichtig lauten, ja, es wird immer noch zu oft eingerenkt. Wenn solch ein Engriff, von professioneller Hand ausgeführt, Sinn machen soll, dann muss vorab eine genaue Diagnose erfolgen. Von einem Einrenken bei Nackenschmerzen oder bei Nackensteifheit ist im Grunde abzuraten. Dafür gibt es sanftere Mittel die, zwar etwas mehr Aufwand bedeuten und Zeit benötigen, aber dafür nachhaltig und ohne Risiken, für Linderung sorgen können.

Über den Sinn des Einrenkens bei Nackenschmerzen wird heftig gestritten. Die Befürworter zeigen auf ihre Erfolgsbilanz und betonen, dass es sich um eine sehr kleine Manipulation handelt, die sich im Rahmen der normalen Anatomie der Halswirbelsäule bewegt. Die Gegner halten jede Manipulation im Halswirbelsäulenbereich für gefährlich und verweisen bei Nackenschmerzen auf die klassischen Therapiemethoden. Beide Seiten scheinen gute Argumente zu haben. Doch Einigkeit sollte darüber herrschen, dass es vor dem „Nackeneinrenken“ eine gründliche Anamnese geben sollte, damit das Risiko für den Patienten möglichst gering ist.


Mögliche Folgeschäden und Nebenwirkungen beim Einrenken im HWS Bereich

Hier sind auch gleich die Schlagzeilen: „Querschnittsgelähmt nach dem Einrenken im Halswirbelbereich!“ Von Schlaganfällen und Aderrissen ist die Rede. Das sind prominente, traurige Einzelfälle, ohne Frage. Doch wer sich die Strukturen im Halswirbelbereich einmal näher anschaut, wird sich bestimmt niemals einem leichtfertigen „Einrenkverfahren“ hingeben. Im HWS Bereich ist die Wirbelsäule am beweglichsten. Die Wirbel und Gelenke sind klein, feingliedrig und liegen eng beieinander. In unmittelbarer Nähe befinden sich wichtige Gefäße und die Nervenfasern aus dem Gehirn verlaufen durch den Spinalkanal, den die Wirbellöcher bilden. Wenn es in diesem Bereich bereits zu Verschließerscheinungen und Verengungen gekommen ist, kann solch eine Behandlung viel Schaden anrichten.

Mögliche Nebenwirkungen beim Nacken einrenken sind unter Umständen:

  • Wirbelknochenbruch
  • Beschädigungen der Halsschlagader, der Wirbelarterie
  • Nervenbeschädigungen (dadurch entsprechende Ausfälle)
  • Die viel diskutierte Nebenwirkung „Schlaganfall“ nach Manipulation im Bereich des Nackens, konnte bisher noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Wann sollte auf keinen Fall eingerenkt werden?

  • bei einem verengtem Spinalkanal
  • bei vorgeschädigten Gefäßen
  • bei vorgeschädigten Bänder und Gelenken
  • bei Bandscheibenvorfällen
  • bei Tumoren an der Wirbelsäule

Welche Alternativen statt dem Einrenken sollte man anstreben?

Nachhaltig und Erfolgreich helfen die klassischen physiotherapeutischen Maßnahmen am besten. Wenn es lediglich um Verhärtungen geht, sind dies Schmerzlinderung (ggf. mit Medikamenten), Bewegung und Wärme immer noch die besten Mittel. Liegt eine echte Wirbelblockade vor, kann zunächst ebenfalls mit sanften Mitteln gearbeitet werden:

  • Ruhigstellung (Halskrause)
  • Wärme
  • moderate Bewegungen
  • sanftes Dehnen

Doch scheint letztendlich auch nichts gegen eine fachgerechte Manipulation, nach einer gründlichen Untersuchung, zu sprechen. Wer jedoch den geringsten Zweifel hegt, sollte sich nicht dazu überreden lassen. Auch die Psyche spielt, wie immer, eine wesentliche Rolle im Heilungsprozess.
Zur Vorbeugung, da sind sich alle Experten wieder einig, ist die Kräftigung der Muskulatur das beste Mittel. Ebenfalls muss die Fähigkeit trainiert werden, die Muskeln bewusst, vollkommen entspannen zu können.

Artikel zuletzt aktualisiert am 25. August 2019 von

Osteopath Niklas Schrimpf„8 Stunden vor dem Schreibtisch sitzen und danach auf der Couch abhängen ist keine artgerechte Haltung.“

Osteopath Niklas Schrimpf

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