Zu den angeborenen Ursachen, die später Rückenschmerzen verursachen können, gehören sowohl Rückenerkrankungen mit einer starken genetischen Komponente als Ursache, als auch angeborene Schäden an der Wirbelsäule. In beiden Fällen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Rücken im Laufe des Lebens immer wieder Schwierigkeiten bereiten wird.
Welche angeborenen Ursachen können das sein?
Immer, wenn sich die Ursache von Rückenschmerzen nicht eindeutig auf ein Ereignis, wie zum Beispiel einen Unfall, Fehl- oder Überbelastungen, zurückführen lässt, werden auch genetische Dispositionen diskutiert. Selbst die Neigung zu undefinierbaren, häufigen Rückenschmerzen, so fand man erst kürzlich heraus, können über die Gene an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden.
Doch auch Deformitäten des Skelettaufbaus, die sich während der Entwicklung des Embryos im Mutterleib gebildet haben, sorgen im Laufe des Lebens häufig für Rückenprobleme. Oft werden sie gar nicht bemerkt und lediglich, irgend wann einmal, als Zufallsbefund entdeckt. Manchmal führen sie allerdings zu extremen Haltungsschäden, Fehlhaltungen und Rückenschmerzen im Laufe des Lebens.
Rückenschmerzen durch Fehlbildungen der Wirbelsäule (Wirbelsäulendeformitäten)
Fehlbildungen an der Wirbelsäule sind in der Regel nicht vererbt, sondern Differenzierungsstörungen und Entwicklungsstörungen während des embryonalen Wachstums. Medizinisch werden die kongenitale (bei der Geburt vorhanden) Skoliose, die kongenitale Kyphose, Kombinationen daraus sowie Spezialformen unterschieden. Anatomisch unterscheidet man Formationsstörungen, wie zum Beispiel Keilwirbel, halbe Wirbel oder Schmetterlingswirbel und Segmentationsstörungen, wie Blockwirbel. Segmentationsstörungen bezeichnen eine ein- oder beidseitigen Zusammenschluss der Wirbel im Bereich der Bandscheiben, Formationsstörungen eine Fehlbildung des Wirbelkörpers selbst.
Kongenitale Skoliose
Eine kongenitale Skoliose ist eine, meist dreidimensionale, angeborene Deformation der Wirbelsäule. Die Krümmung bei einer Skoliose besteht in einer Frontalabweichung oder Seitenabweichung in der Längsachse der Wirbelsäule, mit oder ohne Rotation. Sie entsteht durch die Fehlbildung einzelner Wirbelabschnitte im Embryonalstadium.
Je nach Ausprägung kann es nachfolgend zu einem einseitigen Wachstum und zu einer Skoliose in späteren Jahren führen. Was die Beschwerden betrifft, kommt es ganz auf die Art und Qualität der Deformation an. Wenn sich bereits im Kindesalter eine Skoliose ausbildet, sind früh relativ eindeutige klinische Zeichen zu erkennen (Asymmetrien, Rippenbuckel, Rippental). Ein möglichst frühes korrigierendes Eingreifen bringt die besten Erfolge. Die Behandlungsformen sind je nach Stärke der Ausprägungen Physiotherapie, Stützkorsett oder Operation.
Bei geringer Ausprägung kann sich die Ausbildung einer Skoliose bis ins Erwachsenenalter hinziehen. Dann ist sie oft mit erheblichen Rückenschmerzen verbunden. Mehr zum Thema Skoliose und Behandlung einer Skoliose.
Kongenitale Kyphose
Bei einer kongenitalen Kyphose kommt es in den ersten Wochen der embryonalen Entwicklung zu einer Fehlentwicklung einer oder mehrerer Wirbel oder Bandscheiben, und zwar jeweils im vorderen Bereich.
Im Laufe des frühen Wachstums im Kindesalter kann sich dadurch eine Vorwärtskrümmung der Wirbelsäule entwickeln, eine Kyphose. Ein genetischer Defekt wird dafür verantwortlich gemacht, doch ist dieser nicht erblich bedingt. Es werden zwei Typen unterschieden:
- Typ I: Formationsstörung eines oder mehrer Wirbel (Fehlbildung von Geburt an zu erkennen)
- Typ II: Segmentationsstörung, zwei oder mehr Wirbel sind zusammengewachsen (wird erst später erkannt, wenn das Kind zu laufen beginnt)
Eine ausgeprägte Kyphose verursacht unter Umständen zahlreiche Beschwerden:
In der Muskulatur kann es zu dauerhaften Überdehnungen und Überlastungen kommen, denn es wird automatisch versucht, die Kyphose zu kompensieren. In der Folge führt dies zu Rückenschmerzen aufgrund von Verspannungen in der Muskulatur. Auch die Bänder- und Bandscheibenstrukturen leiden darunter. An der Haut kann es zu chronischen, schmerzenden Druckstellen an den Kontaktbereichen beim Liegen und Sitzen kommen. Kommt es zu einem Druck auf das Rückenmark, sind Schädigungen an den Nerven mögliche.
Arnold-Chiari-Malformation
Die Arnold-Chiari-Malformation ist nicht erblich und tritt zum Glück recht selten auf (8 von 1000.000). Dabei kommt es zwischen der sechsten und zehnten Schwangerschaftswoche zu einer anatomischen Fehlentwicklung im Gehirn. Dadurch werden Anteile des Kleinhirns aus dem Schädel in Richtung Wirbelsäule gedrängt.
Die entstehenden Beschwerden sind sehr vielfältig, entsprechend der Lokalisation und der Ausprägung. Nervlich bedingt, kann es im Jugend- oder Erwachsenenalter zu Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich kommen, zusammen mit den typischen Schmerzausstrahlungen in die Extremitäten sowie Empfindungsstörungen und Lähmungserscheinungen.
Sowohl pränatal durch eine Fruchtwasseruntersuchung, sowie durch ein MRT des Neugeborenen ließe sich die Arnold-Chiari-Malformation eindeutig diagnostizieren. Doch meisten wird sie erst im Jugendalter oder bei Erwachsenen entdeckt, wenn die ersten Beschwerden auffällig werden. Die ersten Symptome sind dann Schwindel und die beschriebenen Nervenschmerzen. Die Therapie gehört in den Fachbereich der Neurologie. Hier wird meist operativ versucht, Schäden vom zentralen Nervensystem abzuwenden.
Klippel-Feil-Syndrom
Das Klippel-Feil-Syndrom bezeichnet eine Fehlbildung in der Frühschwangerschaft im Bereich der Halswirbelsäule. Diese Entwicklungsstörung, auch kongenitale Halswirbelsynostose genannt, ist ebenfalls sehr selten (1 von 500.000). Dabei verschieben sich während der Entwicklung mindestens zwei bis alle Halswirbel und verschmelzen miteinander.
Die Ausprägungen reichen von harmlos bis hin zu schwerwiegenden Fehlbildungen. Äußerlich können(!) sich ein kurzer oder schiefer Hals, ein schräger Kopf, ein steifer Nacken sowie ein tiefer Haaransatz zeigen. Die ersten Beschwerden treten meistens in Form von Steifheit oder Überbeweglichkeit sowie Verspannungsschmerzen im Nackenbereich auf. Diese können in der Folge auch Rückenprobleme und -schmerzen verursachen.
Im Erwachsenenalter machen sich dann, in wenigen Fällen, weitere Anomalien bemerkbar. In Bezug auf den Rücken sind dies zum Beispiel Hochstand eines Schulterblattes, eine Skoliose, Kyphose oder Lordose. Eine ursächliche Therapie gibt es nicht, es werden nur die Symptome behandelt. In der Regel sind dies konservative Maßnahmen beziehungsweise eine physiotherapeutische Therapie.
Spondylolisthesis
Spondylolisthesis ist auch aus Wirbelgleiten bekannt. Man unterscheidet nach den Ursachen eine angeborene und eine erworbene Form.
Bei der angeborenen Form wird noch einmal unterschieden, nach einer Fehlentwicklung im Mutterleib oder einer vererbten Spondylolisthesis. Das Wirbelgleiten wird normalerweise durch eine verringerte Spannkraft der Bänder und fehlende Elastizität der Bandscheiben verursacht. Bei der Fehlbildung sind es meistens nicht korrekt ausgebildete Wirbelgelenke oder fehlende Verknöcherungen.
In den meisten Fällen wird eine angeborene Spondylolisthesis durch Zufall diagnostiziert oder gar nicht, da es nur zu geringen Beschwerden kommt. Doch je nach dem, wo die betroffenen Wirbel lokalisiert sind und wie stark das Wirbelgleiten ausgeprägt ist, kann es zu Reizungen oder Schäden von Nerven im Spinalkanal kommen. Dies führt dann zu starken Rückenschmerzen, Funktionsausfällen und Lähmungen.
Weitere Bandscheiben und Gelenke können durch die Fehlbelastung mit der Zeit verschleißen und zu starken Rückenschmerzen in diesen Bereichen führen. Zahlreiche Therapieansätze findest du ebenfalls hier.
Segmentationsstörungen
Auch außerhalb bestimmter Krankheitsbilder, wie dem Klippel-Feil-Syndrom, kann es während der embryonalen Phase zu Fehlentwicklung im Bereich der Wirbelsäule kommen. So können zum Beispiel zwei Wirbel miteinander verknöchern, medizinisch ist dann die Rede von Synostosen oder Blockwirbeln.
Während solch eine Verschmelzung im Sakralbereich der Wirbelsäule normal ist, kann sich eine Verschmelzung aber auch als Fehlbildung in jedem anderen Bereich der Wirbelsäule entwickeln. Diese sogenannten Blockwirbel bleiben nicht selten ein Leben lang unauffällig.
Es kann dadurch aber auch zu einer mechanischen Überbelastung oder Instabilität der anschließenden Wirbelsegmente kommen. In der Folge kommt es dann dort zu degenerativen Verschleißerscheinungen mit all ihren typischen Beschwerden.
Formationsstörungen
Eine bekannte Formationsstörung ist der Schmetterlingswirbel. Im Röntgenbild zeigt sich ein derart deformierter Wirbel wie ein Schmetterling, der seine Flügel ausgebreitet hat. Es können einer bis mehre Wirbel davon betroffen sein. Die Fehlbildung in der Embryonalzeit besteht darin, dass der betroffene Wirbel in der Mitte geteilt ist. Dadurch ragt er ein wenig an den Rändern heraus und liegt nicht mehr passgenau über die angrenzenden Wirbel.
Auch hier ist es in der Regel ein Zufallsbefund, da es nur selten zu Beschwerden kommt. In einer starken Ausprägung kann sich allerdings eine Skoliose oder Lordose entwickeln. Sämtliche Haltungsschäden, die sich in der Folge von Formationsstörungen oder auch Segmentationsstörungen entwickeln, werden in der Regel konservativ physiotherapeutisch behandelt.
„Für Schreibtischsitzer ist die Entlastung der Wirbelsäule wichtig...Oft hilft es schon, sich bewusst zu machen, wie man im Moment sitzt.“